Diesmal war ich unterwegs bei den Mooswaldseen. Es war ein sehr windiger Tag. Das kannst du an den dünnen Zweigen der Birke sehen. Sie sind sehr leicht. Sie wehen wie Haare im Wind. So kann man Wind fotografieren, der ja eigentlich unsichtbar ist. Und an den winzigen Wassertropfen auf den Weidenkätzchen kannst du sehen, dass es geregnet hatte.

Weide im Wind    Weidenkätzchen mit Wassertropfen

In der langen Geschichte aus dem Johannesevangelium (Kapitel 9, Verse 1 bis 41) geht es auch um das Sehen. Ein Mann, der von Geburt an blind war, wird von Jesus am Sabbat geheilt. Er kann jetzt sehen. Die Nachbarn sehen ihn herumlaufen und fragen ihn, was hier passiert ist. Er erzählt es ihnen. Sie bringen ihn zu den Pharisäern.

Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei.
Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen
und ich wusch mich und jetzt sehe ich.
Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott,
weil er den Sabbat nicht hält.
Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun?
So entstand eine Spaltung unter ihnen.

Alle sehen, dass einer, der immer blind war, jetzt sehen kann. Und sie fragen, was passiert ist. Alle wissen, dass es am Sabbat passiert ist. Am Sabbat darf man nicht arbeiten. Für die einen ist damit klar, dass Jesus nicht von Gott sein kann, weil er sich nicht an diese Regel hält. Die anderen sehen in der Heilung des Blinden ein Zeichen Gottes. Für sie kann nur jemand, der mit Gott verbunden ist, so etwas tun. Der Mann ist einfach froh, dass er sehen kann. Für ihn ist Jesus ein Mann Gottes. Sein Leben hat sich völlig verändert. Er hält sich jetzt an Jesus, der ihm die Augen geöffnet hat.

Am Schluss der Geschichte fragen einige der Pharisäer Jesus:
„Sind etwa auch wir blind?“

Manchmal sagt jemand: Bist du denn blind?
Und meint: Du hast etwas übersehen. Du hast nicht genau hingeschaut.
Sehen hat immer mit Hinschauen zu tun.
Wer sich Zeit nimmt und genau hinsieht, macht Entdeckungen. Wie die kleinen Regentropfen auf den Weidenkätzchen. Die siehst du nur, wenn du genau hinschaust.
Ich lade dich zu einer kleinen Seh-Schule ein:
Du kannst es beim Spazierengehen ausprobieren.
Drei Minuten sind eine gute Zeit. Stell dich an den Rand des Weges. Dann machst du kurz die Augen zu. Wirklich zu. Bewege deinen Kopf langsam von links nach rechts mit den geschlossenen Augen. Du siehst nichts. Aber du spürst die Luft, den Wind, die Wärme. Zähle bis zehn. Dann blinzle. Was siehst du? Mach dann die Augen ganz auf. Schau links und rechts, auf den Boden und nach oben. Was siehst du?

abgestorbene Bäume

Foto: Michaela Wuggazer

Geh langsam los. Schau dich gut um. Bleib wieder stehen und nimm dir Zeit zum Schauen. Geh näher. Geh in die Hocke, um etwas auf dem Boden genauer
zu sehen.
Wenn die drei Minuten um sind, bleibst du stehen oder setzt dich auf eine Bank. Was hast du gesehen? Hast du etwas neu gesehen? Freust du dich? Bist du
ärgerlich? Welche Gedanken sind jetzt in dir? Erzählt einander, was ihr entdeckt habt und was es euch bedeutet. Was nimmst du in deinem Herzen mit?
Sehen hat auch immer etwas zu tun mit dem, was wir schon wissen. Eine Birke kann man nur sehen, wenn man weiß, wie eine Birke aussieht. Sonst sieht man
eben einen Baum.
Was siehst du auf dem Foto? Bäume. Zweige. Einen abgestorbenen Baum. Zwei abgestorbene Bäume, wenn du genau schaust. Sie sind Teil eines
Bruchwaldes. Menschen, die sich auskennen, sehen hier Lebensraum für Käfer, Raupen, Spinnen und spezielle Pflanzen. Sie sehen Leben für Vögel, die hier
Nahrung finden und Nester bauen können. Sie sehen hier viel Raum für neues Leben und freuen sich über diesen geschützten Wald. Andere sehen hier tote
Bäume und einen unordentlichen Wald.

Blüten Huflattich

Foto: Michaela Wuggazer

Was siehst du auf deinen Spaziergängen? Was kennst du? Welche Fragen hast du?

Das hier sind Blüten des Huflattichs. Du kannst sie jetzt am Wegrand entdecken. Mit ihrer gelben Farbe leuchten sie wie kleine Sonnen. Bienen freuen sich
über die Nahrung. Mich machen Sie fröhlich. Und sie erinnern mich daran, dass Jesus gesagt hat:
„Ich bin das Licht der Welt!“

Zum Download: ABENTEUER AM SONNTAG 19. März 23 4. Fastensonntag

Lektionar 2018 ff. © staeko.net
Text und Fotos: Michaela Wuggazer
Diözese Augsburg, Abteilung Pastorale Grunddienste und Sakramentenpastoral, www.pastorale-grunddienste.de