Mein letzter Spaziergang war zu lang gewesen.

Fast zehn Kilometer. Bei der letzten Steigung spürte ich, dass es fast zu viel war. Im rutschigen Laub konnte ich nur noch kleine und vorsichtige Schritte machen. Ich merkte, dass ich die kleinen Muskeln, die man für das Gleichgewicht halten braucht, noch nicht genug trainiert hatte. Deshalb fielen mir die folgenden Sätze aus dem großen Loblied des Propheten Jesaja zuerst auf (Jesaja, Kapitel 35,
Verse 1-10):
Stärkt die schlaffen Hände und festigt die wankenden Knie!
Sagt den Verzagten: Seid stark, fürchtet euch nicht! Seht, euer Gott!

„Festigt die wankenden Knie!“ Ja, das hätte ich gut brauchen können.
Es ist nicht schön, wenn man am Ende einer Wanderung ganz fertig ist.
Am nächsten Tag wollte ich vorsichtiger sein. Wohin sollte ich diesmal gehen? Der eine Weg war zu lang, der andere hatte Abschnitte, wo der Weg sehr schlammig und rutschig war. Mhm. Ein kurzer, gut befestigter Weg also.

Die Worte von Jesus in der heutigen Geschichte gaben mir Anregung. Jesus spricht zu den Leuten über Johannes. (Matthäus 11,2-11) Und er fragt sie:

Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid?
Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt?

Schilf findet man im Donaumoos. Dort könnte ich vielleicht bewegtes Schilf für euch fotografieren. Ich ging diesmal einen anderen, kürzeren Weg. Es war eine spezielle Stimmung.

 

Seeufer

Foto: Michaela Wuggazer

Die Stille und Ruhe war wunderschön. Und ich atmete diese Ruhe tief ein. Und atmete aus. Und schaute auf die winzigen Bewegungen des Wassers. Und merkte, dass mein Atem auch immer ruhiger wurde, wie das Wasser im See. Und mein Blick wurde weiter durch dieses sanfte Grau überall. Und plötzlich flog von links ein weißer Reiher über den See. Wunderschön. Und ich merkte, wie sich eine ruhige Freude in mir ausbreitete.

Sagt den Verzagten: Seid stark, fürchtet euch nicht! Seht, euer Gott!

Was hatte ich sehen wollen, als ich nach draußen ging?

Ich nahm einen der dicken Kieselsteine in die Hand und warf ihn ins Wasser.

Schön, die Kreise zu beobachten. Ganz lange konnte ich sie noch auf der ruhigen Oberfläche des Sees sehen. Und ich dachte an das Lied: „Ins Wasser fällt ein Stein“. Da gibt es eine Zeile „Wo Gottes großes Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort, in Tat und Wort, hinaus in unsere Welt.“ (Du kannst das Lied auf Youtube anhören).

See kleine Wasserkreise

See große Wasserkreise

Du kannst es selber ausprobieren. Du musst dir Zeit lassen. Warte, bis du wirklich keinen einzigen Ring mehr sehen kannst. Wenn ihr mehrere seid, dann könnt ihr vielleicht auch sehen, wie sich die Ringe im Wasser überschneiden. Es entstehen Muster.

Vielleicht wirkt es auf euch so, wie auf mich, und ihr lasst euch füllen von dieser himmlischen Ruhe. Ich habe mir das Foto von den Wasserringen auf den Schreibtisch gelegt. Wenn ich spüre, dass etwas in mir Kreise zieht, dann frage ich mich: Ist das Gottes Liebe? Ist das Ärger auf jemanden? Ist es Friede? Ist es Unzufriedenheit? Und dann schaue ich auf dieses Foto und erinnere mich daran, wie ich diesen tiefen Frieden, diese innere Ruhe an diesem See gespürt habe.

Der dritte Sonntag im Advent wird „Gaudete“ genannt. Das heißt auf Deutsch „Freuet euch!“ Jedes Jahr wird uns am dritten Advent zugerufen:
„Freut euch! Gott ist ganz nahe! Gott wirkt schon in uns.“

Zum Download: ABENTEUER AM SONNTAG 11. Dezember 22 3. Advent

Lektionar 2018 ff. © staeko.net
Text und Fotos: Michaela Wuggazer
Diözese Augsburg, Abteilung Pastorale Grunddienste und Sakramentenpastoral, www.pastorale-grunddienste.de